Welche Therapie- und Fördermethoden sind empfehlenswert?

Die Rechenstörung ist eine sehr heterogene Lernstörung. Manche Kinder haben beispielsweise nur Probleme in den Grundrechenarten, andere Kinder tun sich zusätzlich noch in den Vorläuferfähigkeiten schwer. Das richtige Förderprogramm muss daher zum Kind und dessen Problemen passen, um langfristig wirkungsvoll zu sein.

Die internationale Forschung konnte einige allgemeine Rahmenfaktoren ermitteln, die ein gutes Förderprogramm ausmachen:

Dauer: Eine Rechenstörung lässt sich nicht in wenigen Wochen therapieren. Förderprogramme müssen langfristig angelegt sein und sich bei der Dauer an den Defiziten des Kindes und seiner Entwicklung während der Therapie orientieren. Eine klare Vorgabe, wann ein Kind keine Therapie mehr benötigt, ist zu Beginn nicht möglich.

Setting: Eine Einzeltherapie zeigt sich wirkungsvoller als eine Therapie in kleinen Gruppen oder im Klassenverband. Ein Therapeut kann im Eins-zu-Eins wesentlich gezielter auf die konkreten Schwierigkeiten des Kindes eingehen und die Therapiestunden je nach Entwicklung des Kindes flexibel gestalten. Auch Probleme abseits der eigentlichen Rechenschwierigkeiten, beispielsweise körperliche Beschwerden, können thematisiert werden.

Instruktionsart: Die direkte Anleitung stellt die wirkungsvollste Methode dar. Damit ist gemeint, dass der Therapeut die Ziele, das Vorgehen und das verwendete Material klar festlegt. Insbesondere bei Kindern mit deutlichen Defiziten gibt die direkte Instruktion einen klaren Rahmen vor, an dem sie sich orientieren können. Andere Methoden, wie die Selbstinstruktion oder die Strategieninstruktion, bei der das Kind Strategien vermittelt bekommt, um sich selbst Wissen anzueignen, sind vor allem bei weiterführenden mathematischen Inhalten (z. B. Textaufgaben) hilfreich.

 

Wirksamkeit der Förderkonzepte

Für eine möglichst effektive Förderung müssen folgende Punkte erfüllt sein:

  • Die Anwendung evidenzbasierter Fördermethoden
  • Ein möglichst frühzeitiger Förderbeginn
  • Eine Institutionenübergreifende Kooperation und Förderung
  • Die Berücksichtigung von Komorbiditäten und psychischen Auffälligkeiten

Für Eltern ist es oft schwierig, zu bewerten, ob ein bestimmtes Förderprogramm effektiv ist oder nicht. Grundsätzlich sollte eine Therapie eine klare Systematik erkennen lassen. Zu Beginn erfolgt eine umfassende qualitative Diagnostik. Dabei werden die einzelnen Rechenschwierigkeiten des Kindes, die Art der Fehler und die verwendeten Rechenstrategien erfasst. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das jeweilige Förderprogramm gewählt. Hier stehen den Therapeuten eine Reihe veröffentlichter und wissenschaftlich entwickelter Programme zur Verfügung. Vorsichtshalber sei allerdings gesagt, dass viele Förderprogramme bisher nicht auf ihre Effektivität hin überprüft wurden oder die vorliegenden Studien methodische Mängel aufweisen.

Beim Aufbau und Inhalt eines Programms wird gerne zwischen curricularen und nicht-curricularen Förderprogrammen unterschieden. Curricular sind solche, die auf dem Lehrplan aufbauen und der aktuelle Lehrstoff nochmal gründlich mit dem Kind gemeinsam bearbeitet wird. Nicht-curriculare Programme fangen hingegen bei den Vorläuferfähigkeiten/ Basiskompetenzen des Kindes an und fördern zuerst das Zahlen- und Mengenverständnis, bevor es zum schulischen Lernstoff übergeht (z. B. Grundrechenarten). Die Entscheidung, welche Art von Programm verwendet wird, orientiert sich allerdings ausschließlich an der Problematik des Kindes. Es nützt zum Beispiel nichts, den Schulstoff intensiv zu erarbeiten, wenn das Kind noch Schwierigkeiten in den Vorläuferfähigkeiten hat.

Folgende Empfehlungen aus der Leitlinie für die Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung sollten bei der Auswahl der Förderkonzepte berücksichtigt werden: Eine Förderung soll stets an den in der Diagnostik erkannten Problemen in der Mathematik ansetzen. Zu empfehlen sind standardisierte, störungsspezifische Förderprogramme, die auf das Vermitteln der Basiskompetenzen, Grundrechenarten und weiterer Bereiche der Mathematik ausgerichtet sind, die in zeitlich und inhaltlich klar strukturierten Einheiten durchgeführt werden bzw. einem vorab festgelegten Förderplan folgen. Wichtig ist auch, dass den Förderprogrammen ein Entwicklungsmodell des Rechnens zugrunde liegt. Überdies kann eine adaptive Gestaltung folgen. Das heißt, die Programme passen sich dem Leistungsniveau der jeweiligen Person an. Ist die Anwendung eines solchen Förderprogramms im Behandlungsplan angebracht, so soll es verwendet werden.

 

Förderprogramme

Bei der Auswahl von Förderprogrammen sollen solche bevorzugt werden, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Für die Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung wurde eine systematische Literaturrecherche nach Präventions- und Förderprogrammen durchgeführt. Diese ergab, dass es nur wenige Programme gibt, die angemessen evaluiert sind. Ausschlaggebend für die Bewertung eines Programms war, dass es in einem Prä-Post-Design mit Versuchs- und Kontrollgruppe untersucht wurde.

Auswahl an evidenzbasierten Förderprogrammen

Name Zu Hause Kindergarten/Schule Therapie Medium
Dortmunder Zahlbegriffstraining (Moog & Schulz, 2005) + + Print
Dybuster Calcularis (Dybuster AG, 2007) + + + Tablet/PC
MARKO-T (Gerlach, Fritz, & Leutner, 2013) + + Print
Meister Cody – Talasia (Kaasa health, 2013) + + + Tablet/Smartphone
Mengen, zählen, Zahlen (Krajewski, Nieding, & Schneider, 2013) + + Print
Rechenspiele mit Elfe und Mathis I (Lenhard & Lenhard, 2009) + + + PC
Wasserglasmethode (Schlotmann, 2007) + + Print

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