Wie wirkt sich eine Lesestörung auf Fremdsprachen aus?

Schwierigkeiten mit dem Lesen können auch das Erlernen einer Fremdsprache beeinflussen. Kinder mit einer Lesestörung (LS) benötigen auch im Fremdsprachenunterricht eine intensive Unterstützung und gegebenenfalls eine spezifische Förderung.
Deshalb ist es wichtig, dass Eltern sich vorab in der Schule erkundigen, wie dort mit LS im Zusammenhang mit Fremdsprachen umgegangen wird.

Allerdings spielt auch die eigene Motivation und Arbeitsweise des Kindes eine entscheidende Rolle für das Erlernen einer Fremdsprache. So ist es ratsam die Wahl der Fremdsprache unter Berücksichtigung der Stärken, Schwächen und Wünsche zu treffen. Aufgrund ihrer Spracheigenschaften verfügen die verschiedenen Fremdsprachen über unterschiedliche Merkmale und Anforderungen. Nachfolgend können Sie sich über einige Charakteristika der Sprachen Englisch, Französisch, Latein und Spanisch informieren.

Englisch
Englisch weist weniger regelhafte Verbindungen zwischen Buchstaben und den dazugehörigen Lauten auf. Ein und derselbe Buchstabe wird einmal so und in einem anderen Wort wieder völlig anders ausgesprochen. Deutlich wird das daran, dass das englische Alphabet 26 Buchstaben umfasst, diese jedoch insgesamt 44 unterschiedlichen Lauten zugeordnet werden. Insbesondere die vielen „silent letters“, d.h. die nicht gesprochenen Buchstaben, verkomplizieren die Aneignung der englischen Schriftsprache. Es gibt viele Wörter mit gleicher Aussprache, aber verschiedener Schreibweise. Die englische Sprache hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen einen großen Stellenwert.

Französisch
Französisch weist eine sehr unregelmäßige Zuordnung von Laut zu Buchstabe auf. Zudem gibt es eine Vielzahl ähnlich klingender Laute, wodurch eine exakte Differenzierung dieser Laute für Kinder mit LS nicht immer einfach ist. Gute Fähigkeiten im Bereich der auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung sind hierbei von Vorteil. Die unregelmäßige Zuordnung zwischen Lauten und Buchstaben kann nicht nur die Rechtschreibung erschweren, sondern auch eine Herausforderung für die Aussprache darstellen. Zusätzlich kann sich das Intonationsmuster deutlich von dem des Deutschen unterscheiden.

Latein
Das Lateinische gilt als eine lautgetreue Sprache, was die korrekte Aussprache der Wörter erheblich erleichtert. Kinder mit LS können von den meist eindeutigen Verbindungen von Buchstaben und Lauten profitieren. Allerdings birgt das Lateinische die Schwierigkeit, dass Buchstabenfolgen exakt gelesen und gespeichert werden müssen, um den Inhalt des Gelesenen zu verstehen. Da die Bedeutung einer Textpassage nicht selten durch wenige Buchstaben entscheidend verändert werden kann, ist ein sehr genaues Lesen notwendig. Kenntnisse in der lateinischen Sprache können sich positiv auf das Erlernen weiterer Sprachen auswirken.

Spanisch
Spanisch weist sehr regelhafte Verbindungen zwischen Buchstaben und den dazugehörigen Lauten auf. Sie gilt daher als lautgetreue Sprache. Dies kann für Betroffene eine große Hilfe beim Erwerb der Fremdsprache sein. Das Erlesen und die Schreibung von Wörtern gelingen daher meist besser als bei Sprachen, wie Englisch und Französisch, die eine weniger regelhafte Beziehung zwischen Aussprache und Schreibweise aufweisen. Die Aussprache der spanischen Sprache weicht zum Teil erheblich von der deutschen Sprache ab.

Tipps zum Lernen einer Fremdsprache

  • Klare Strukturierungen und Übersichten beim Erlernen neuer Grammatikregeln
  • Grammatik sollte mit Beispielen, „Eselsbrücken“, farbigen Hervorhebungen und einfachen, sich einzig mit einer Problematik befassenden Übungen veranschaulicht werden
  • Texte sollten zuhause noch einmal laut gelesen und wortwörtlich übersetzt werden
  • Alleiniges sinngemäßes Übersetzen bringt oft Verwirrung mit sich
  • Jede Vokabel sollte mit genau einer Übersetzung gelernt werden
  • Anzahl der täglich zu lernenden Vokabeln auf max. 10 reduzieren
  • Für das Langzeitgedächtnis ist es hilfreich, die behandelten Vokabeln später alle nach ihrer Schreibweise und Aussprache geordnet zu wiederholen
  • Gemeinsames Lesen von Texten oder Vokabeln, auch gleichzeitig im Chor, führt zum richtigen Nachahmen und Einprägen
  • Einzelne Wörter so oft gemeinsam lesen bis die Aussprache korrekt ist
  • Schwierige Buchstaben und Wörter in Sand schreiben, weil das Tastgedächtnis über besonders einprägsame Gedächtnisspuren verfügt
  • Auswendiglernen ganzer Redewendungen am Anfang vermeiden, da der Wortgehalt nicht erfasst wird
  • Karteikarten nutzen: z.B. Sätze legen lassen, Zuordnungen/Paare bilden, Memory spielen; weiterer Vorteil: Kinder müssen nicht schreiben
  • Eventuell Übungen mit Lernsoftware einbauen, um Abwechslung und Motivation zu fördern
  • Regelmäßige Wiederholungen

Empfehlungen sind u.a. folgendem Informationsheft entnommen:
Englisch. Ratgeber zum Fremdsprachenerwerb am Beispiel Englisch. Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. zu beziehen unter: https://www.bvl-legasthenie.de/shop-bvl/produkt/bvl-ratgeber-fremdsprachenerwerb-englisch.html

 

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