Eine Lesestörung (LS) kann sehr unterschiedlich verlaufen. Der Verlauf ist abhängig vom Schweregrad, dem Vorliegen von individuellen oder familiären Belastungen, der Verfügbarkeit von Unterstützungsmöglichkeiten und einem unterstützenden schulischen und familiären System.
Leseleistungen zeigen sich bereits ab der ersten Klasse sehr stabil. Schwierigkeiten im Lesen in den ersten Unterrichtsjahren können über die Primarstufe hinaus noch bis zur Sekundarstufe und ins Erwachsenenalter nachgewiesen werden. Nach dem Schulbeginn sind bei Kindern ohne LS schnell Fortschritte zu beobachten, Kinder mit LS haben weiterhin mit verschiedenen Lesefehlern zu kämpfen. Betroffenen Kindern fällt auch der Umgang mit gut geübten Worten außerordentlich schwer. Jedoch gelingt den Kindern mit LS oft bereits innerhalb der ersten Schuljahre fehlerfreies Lesen. Die Lesegeschwindigkeit bleibt aber meist bis ins Erwachsenenalter deutlich verlangsamt.
Die betroffenen Kinder versuchen ihre Schwierigkeiten so gut es geht zu tarnen und entwickeln aufwendige Kompensationsstrategien. Einige Kinder lernen z.B. ganze Texte auswendig und halten so, teilweise über mehrere Jahre hinweg, ihre Leistungen im durchschnittlichen Bereich. In höheren Klassen, bei steigendem Anspruch, gelingt dies meist nicht mehr, die Schulleistungen der Kinder nehmen rasch ab und die LS macht sich spätestens dann bemerkbar. Betroffene erleben, wie ihren Klassenkameraden beinahe spielend der Schriftspracherwerb gelingt, sie selbst sind jedoch kontinuierlich Niederlagen ausgesetzt, die zu Versagensängsten und negativen Fähigkeitsselbstkonzepten führen können.
Insgesamt zeigt sich mit dem Älterwerden bei der Lesestörung eine Abnahme der Symptomatik, spezifische Probleme bleiben jedoch bis ins Erwachsenenalter bestehen. Um den schulischen Verlauf bei Vorliegen einer LS positiv zu beeinflussen wird eine frühe Förderung dringend empfohlen, die ausreichend intensiv und lange durchgeführt werden sollte.